Was das Nein zum Megakredit für die UBS bedeutet – und was der Bundesrat jetzt prüfen muss
Darum geht es
Der Bundesrat agierte beim Beschluss, die arg strauchelnde Credit Suisse mit der UBS zu fusionieren, aufgrund der hohen Dringlichkeit mit Notrecht. Der Gesetzgeber sieht vor, dass in einem solchen Fall die getroffenen Beschlüsse nachträglich vom Parlament beraten werden müssen. Zudem kann das Parlament Umsetzungsdetails diskutieren und festlegen. Deshalb trafen sich National- und Ständerat nach Ostern zu einer ausserordentlichen Session.
Die ausserordentliche Session im Liveticker:
Die emotionalen Debatten in den Räten
Die Politikerinnen und Politiker, welche sich in National- und Ständerat zu Wort meldeten, nahmen kein Blatt vor den Mund.
Verursacht worden sei der Schlamassel von einer verantwortungslosen Managerkaste, sagte FDP-Vertreter Thierry Burkart im Ständerat. Es sei «unsäglich», welche Arroganz der oberste Bankenkader immer wieder an den Tag lege, hielt auch Ständerat Daniel Fässler (Mitte/AI) fest.
Auch im Nationalrat wurde die Kritik an den Fehlern der CS-Konzernleitung beinahe zelebriert. SP-Chef und Nationalrat Cédric Wermuth sagte beispielsweise: «Man wähnt sich ein bisschen in einem Götterkult.» Der Finanzmarkt sei so mächtig, dass er der Schweiz diktiert habe, unter welchen Umständen eine Bank gerettet werden muss.
SVP-Nationalrat Thomas Aeschi nahm erneut die Finma ins Visier. Er stellte einige rhetorische Fragen und bekundete Unverständnis darüber, dass die Finma nicht eher auf die seit Monaten schlingernde Credit Suisse reagiert hatte.
Auch dass die fehlbaren Spitzenbanker bisher kaum Konsequenzen spüren mussten, kritisierte Aeschi. Er forderte zudem erneut die Einberufung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), um diesen Fragen auf den Grund zu gehen.
Für Stirnrunzeln sorgte SVP-Nationalrat Thomas Matter, der nebst einer «aggressiven Auslandsstrategie der CS» auch den «Fokus auf Gender, Diversity und Klima» für das Scheitern der Grossbank verantwortlich machte.
Mitte-Nationalrat Matthias Bregy nahm die bisherigen Gesetze ins Visier:
Auch er kritisierte die Finma, forderte, dass die CS-Manager zur Verantwortung gezogen werden müssten und die Etablierung einer neuen Finanzmarktstrategie.
Einige wenige positive Worte fand ein FDP-Vertreter: Damien Cottier, Fraktionschef der Liberalen, lobte den Bundesrat – und damit notabene «seine» Bundesrätin Karin Keller-Sutter – für die unmittelbare Reaktion in der Krise. Der Bundesrat habe einen Sturm auf dem Finanzplatz verhindert. «Das heisst regieren», so Cottier. Er mahnte das Parlament ob der emotionalen, scharfzüngigen Voten aus den anderen Parteien mit einer rhetorischen Frage:
Das haben die Räte beschlossen
Nachdem die Parlamentarier ihren Unmut kundgetan und sich zu den zu klärenden Fragen positioniert hatten, standen um kurz nach Mitternacht die Gesamtabstimmungen an.
Dabei zeigte sich: Anders als der Ständerat sagte der Nationalrat mit 102 zu 71 Stimmen Nein zu den finanziellen Garantien des Bundesrats für die UBS, die bei der Fusionsankündigung versprochen wurden. Dagegen stimmten SVP, SP und Grüne, dafür sprachen sich die Vertreter von Mitte, FDP und GLP aus.
Unmittelbare Folgen hat das Nein zu den Nachtragskrediten aber nicht, da der Bund mit dem Notrechtserlass und der Zustimmung der Finanzdelegation die Verpflichtungen bereits eingegangen ist. Es handelte sich daher mehr um ein politisches Signal, eine Ohrfeige an die Adresse des Bundesrats, insbesondere an Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
Der Nationalrat will zudem, dass geprüft wird, ob und wie die ehemaligen CS-Manager für ihre Fehler haftbar gemacht werden können. Ein entsprechendes Postulat wurde diskussionslos angenommen.
Selbiges gilt für zwei weitere Postulate: Einerseits verlangt der Nationalrat, dass die Grundlagen und Grenzen des Notrechts überprüft werden, andererseits soll auch beraten werden, wie das Parlament in einer solchen Krisensituation mehr einbezogen werden kann.
Das kommt jetzt auf den Bundesrat zu
Der Nationalrat legte dem Bundesrat zudem eine ganze Liste mit Fragen vor, zu denen dieser nun Stellung nehmen muss. Eine Übersicht:
- Können Boni an das obere Management von UBS und CS untersagt werden, während die Garantien des Bundes laufen?
- Ist eine Beschränkung dieser Boni für die Spitzen von systemrelevanten Banken generell möglich?
- Ist die Einführung eines Trennbankensystems für systemrelevante Banken möglich?
- Kann eine höhere Mindest-Eigenkapitalquote für systemrelevante Banken eingeführt werden?
- Zudem muss sich der Bundesrat mit Nachhaltigkeitszielen für private Unternehmen bei Staatshilfe und der Frage, wie die von systemrelevanten Banken ausgehenden Risiken für Bund und die heimische Volkswirtschaft minimiert werden können, befassen.
- Weiter muss der Bundesrat eine Chancen/Risiken-Analyse der neuen Superbank für die Schweiz vornehmen und im Detail erörtern, welche Auswirkungen eine vorübergehende Verstaatlichung der Credit Suisse zur Folge gehabt hätte.
Am Dienstagnachmittag hatte bereits der Ständerat eine Liste mit Fragen an den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat zeigte sich einverstanden mit den Aufträgen, die die Räte an ihn richteten, und erklärte zudem, dass auch die bestehende «Too big to fail»-Gesetzgebung umfassend überprüft werden soll.
So geht es weiter
Der umfassende Bericht des Bundesrats soll in einem Jahr vorliegen. Kurzfristig steht heute Mittwoch die Differenzbereinigung an. Dabei werden Fragen beraten, über die sich National- und Ständerat noch nicht einig sind.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA.